Warum der Kraftstoffverbrauch streut. (einfach erklärt)
Der Kraftstoffverbrauch von Fahrzeugen streut, weil sich die Fahrwiderstände und der Wirkungsgrad des Fahrzeuges ständig verändern. Das ist im Realeinsatz unvermeidbar.
Die Streuung der Kraftstoffverbrauchswerte ist wirklich lästig. Sie macht alles kompliziert und unübersichtlich.
Du willst eigentlich nur wissen, wieviel das Fahrzeug verbraucht. Aber jedes Mal, wenn du einen neuen Kraftstoffverbrauchswert ausrechnest, kommt was anderes heraus.
Besonders störend ist die Streuung beim Überprüfen der Wirkung von Verbrauchsverbesserungsmaßnahmen.
Die Werte gehen mal hoch, mal gehen sie runter. Wie will man da zu einer Erkenntnis kommen?
Zu allem Unglück ist der Effekt von Verbrauchs-verbessernden Maßnahmen häufig auch noch kleiner als die Streuung.
Du siehst zwar, dass die Werte sich verändern, du weißt aber nicht, ob wirklich die Maßnahme der Grund für die Veränderung ist. Vielleicht ist es ja einfach nur die Streuung.
Ich werde hier nicht nur erklären, warum der Kraftstoffverbrauch streut, sondern auch wie er streut.
Wovon hängt es ab, wieviel Diesel aus dem Tank entnommen wird?
Die ausführliche Erklärung findest du im Artikel: »Willst du wissen, warum weniger Arbeit Kraftstoff spart?«
Es ist im Grunde der Fahrwiderstand, der bestimmt, wieviel Diesel aus dem Tank gesaugt wird.
Das Verhältnis zwischen Fahrwiderstandsarbeit und Dieselenergie ist aber nicht 1:1. Bei einem Fahrzeug mit Dieselmotor liegt es im Idealfall im Bereich von mehr als 1:2. In der Realität ist das Verhältnis noch schlechter.
Grund dafür sind die Energieumwandlungsverluste, die pro Einheit Fahrwiderstandsarbeit einen Anteil an Abwärme erzeugen.
Das bedeutet leider auch, dass die Streuung der Fahrwiderstände bei der Übersetzung in den Dieselverbrauch mit dem entsprechenden Faktor vergrößert wird.
Energiezufluss und Energieabfluss sind immer im Gleichgewicht.
Stelle dir bitte eine Waage im Gleichgewicht vor.
Auf der einen Waagschale liegt die ins Fahrzeug einfüllte Energie. Das ist die chemische Energie, die als Diesel vom Motor aus dem Tank genommen wird.
Auf der anderen Waagschale liegt die Energie, die aus dem Fahrzeug abfließt. Es sind die Abwärme (rot) und die Fahrwiderstandsarbeit fürs Fahren (blau).
Die Streuung von Fahrwiderstand und Wirkungsgrad bestimmen die Streuung des Kraftstoffverbrauches.
Damit die Waage im Gleichgewicht bleibt, müssen beide Seiten genau die gleiche Größe haben, also ist die Schwankung links die Gleiche wie rechts.
Wenn wir die Gründe für die Streuung des Kraftstoffverbrauches verstehen wollen, müssen wir uns also die Gründe für die Streuung vom Fahrwiderstand und vom Wirkungsgrad ansehen.
Jeder Verbrauchsfaktor hat drei unterschiedlich stark streuende Anteile.
Jeder Block auf der Waage besteht aus drei unterschiedlich stark schwankenden Teilen.
Ich habe das in meinem Waage-Bild durch unterschiedlich dunkle Farben dargestellt.
Ich werde gleich auf jeden einzelnen Block eingehen.
Die Energiemenge auf der rechten Seite der Waage verändert sich ständig, besonders der helle Anteil ist mal größer und mal kleiner. In der Folge verändert sich deshalb auch die Dieselmenge auf der linken Seite.
Das absolute Minimum hat keine Streuung.
Hier rede ich jetzt über die dunklen Anteile.
Dieser Teil vom Verbrauch kann nicht unterschritten werden, ohne das Fahrzeugkonzept grundlegend zu verändern. Zum Beispiel statt einem LKW ein Pferdefuhrwerk zu verwenden.
Solange du im vorgegebenen Konzept bleibst, ist dieser Teil des Verbrauches die feste Grenze. Da kommen wir nicht ran, keine Chance.
Ein LKW wird nie den Energieverbrauch eines Fahrrades haben. Nicht mal, wenn er leer ist und nur den Fahrer transportiert. Dafür ist er eben nicht gemacht.
- Solange ein LKW eine gewisse Höhe und Breite hat und sich auf der Erdoberfläche bewegt, wird er immer einen Luftwiderstand erfahren, egal wie windschlüpfrig er gebaut ist.
- Solange ein LKW mit Luftreifen auf einer Straße rollt, wird er nie den Rollwiderstand eines Eisenbahnrades auf einer Eisenschiene erreichen.
- Solange ein Verbrennungsmotor die Antriebskraft erzeugt, kann der Wirkungsgrad des idealen Verbrennungsprozesses nicht übertroffen werden.
- Solange die Antriebskraft im Fahrzeug durch Wellen und Zahnräder übertragen wird, ist Reibungswärme unvermeidbar.
Das ist logisch und entspricht unseren Erfahrungen. Stimmt also.
Der Anteil des minimalen Energieverbrauches hat keine Streuung. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass dieser Anteil nur sehr schwierig genau abgrenzt werden kann.
Die Fahrzeughersteller sind sich ausnahmsweise einig:
Die CO2 Limits der europäischen Union für das Jahr 2030 sind nur durch den Einsatz von alternativen Antrieben realisierbar.
Der Grund liegt genau an diesem Anteil des minimalen Kraftstoffverbrauches.
Eine Verbrauchsreduzierung um 30% auf der Basis des Flottendurchschnittes von 2019/20 drückt den Kraftstoffverbrauchswert in den Bereich des physikalischen Minimums von Diesel-LKW’s.
Der einzige Ausweg besteht darin, das physikalische Prinzip grundlegend zu verändern.
Mit Optimierung des Dieselantriebes allein ist die Aufgabe nicht zu lösen.
Übrigens gibt es bei E-LKW’s auch diesen Anteil im Energieverbrauch, auch wenn er deutlich geringer als beim Verbrenner ist. Deshalb werden Elektro LKW’s immer deutlich größere Batterien als E-Bike’s benötigen.
Eingriffe in die Verbrauchsfaktoren verändern den Kraftstoffverbrauchswert vorhersehbar.
Hier geht es jetzt um den mittleren Anteil an den Blöcken.
Dieser Anteil aus dem Kraftstoffverbrauch sagt uns, wie gut das System Fahrzeug / Fahrer ist und wieviel Verbesserungspotential noch besteht.
Dieser Teil ist hochinteressant, wenn wir den Kraftstoffverbrauch optimieren wollen.
Wir nehmen eine Veränderung vor und der Energieverbrauch verändert sich um einen konstanten Betrag. Diesen Anteil nenne ich „systematisch“, weil er sich vorhersehbar verhält.
Dass wir diesen Anteil am Verbrauch nur schwer vom Minimalverbrauch abgrenzen können, ist nicht wirklich schlimm.
Da wir den Minimalverbrauch eh nicht ändern können und er keine Streuung hat, können wir jede Veränderung den systematischen Faktoren zuschreiben. Wir müssen allerdings die zufälligen Faktoren loswerden, aber dazu gleich mehr.
Um solche systematische Faktoren zu verdeutlichen, hier einige Beispiele:
- Der Einsatz von Aeroverkleidungen verringert den Luftwiderstandsbeiwert des Fahrzeuges und damit die Menge an Kraftstoff, die zur Luftwiderstandsüberwindung erforderlich ist. Diese Veränderung ist reproduzierbar. Du kannst den Effekt zum Beispiel in einem Windkanal messen.
- Montierst du Reifen mit verbrauchsoptimiertem Profil, sinkt der Rollwiderstand und damit wird weniger Diesel verbraucht.
- Ein Motor mit besserer Verbrennung durch ein optimiertes Einspritzsystem hat einen höheren Motorwirkungsgrad. Das kannst du auf einem Motorenprüfstand messen.
- Ein reibungsoptimierendes Öl verbessert den Wirkungsgrad des Getriebes nachhaltig.
Nach diesen Sachen suchen wir. Wir wollen solche Maßnahmen finden, realisieren und überprüfen, wie sie den Kraftstoffverbrauch beeinflussen.
Ich werde in meinem Blog noch viele, viele Artikel schreiben, die sich genau mit diesen Möglichkeiten der Verbrauchsverbesserung beschäftigen werden. Deshalb hier nur die paar wenigen Beispiele. Sie sollen dir helfen, den Anteil im Kraftstoffverbrauch besser zu verstehen. Die Liste ist bei weitem nicht vollständig.
Die beeinflussbaren, systematischen Faktoren haben selbst keine Streuung, sondern verschieben die komplette Verteilung der Kraftstoffverbrauchswerte. Sie beeinflussen allerdings teilweise auch die Wirkung der zufälligen Faktoren und damit die Streuung.
Du erkennst den Effekt dieser Faktoren an der Veränderung des Durchschnittsverbrauchswertes.
Weil sie auf alle einzelnen Kraftstoffverbrauchswerte mit der gleichen Tendenz einwirken, verschieben sie den Mittelwert der Verbrauchswerte.
Du findest mehr Information dazu im Artikel, der die Normalverteilung erklärt.
Systematische Verbrauchsfaktoren verändern sich auch unbemerkt.
Das Trickreiche an diesen Faktoren liegt darin, dass sie sich teilweise unbemerkt verändern.
Dann kann es passieren, dass wir die dadurch verursachte Verbrauchsveränderung fehlinterpretieren.
Wenn solche Veränderungen allmählich oder nur bei einem Teil der Verbrauchswerte auftreten, können sie als eine vergrößerte Streuung erscheinen.
Im schlechtesten Falle verfälschen sie das Ergebnis, ohne sich in einer auffälligen Streuung zu zeigen. Diese Faktoren streuen ja selber nicht, deshalb können sie den Verbrauchswert verschieben, ohne die Streuung zu verändern.
Ich nenne das dann einen systematischen Fehler, der zu falschen Schlussfolgerungen führen kann.
Stelle dir vor, du baust einen Aero-Spoiler an und erwartest eine Verbrauchsverbesserung, wenn du den Verbrauch misst.
Dummerweise verklemmt sich genau jetzt der Schiebesattel der Radbremse und stellt sich nicht richtig zurück. Dadurch entsteht erhöhte Reibung in der Bremse.
Das hat keinerlei Zusammenhang mit dem Aero-Spoiler!
Du würdest dann statt einer Verbrauchsverbesserung durch den Spoiler eine Verbrauchsverschlechterung sehen.
Erst durch genaues überprüfen des Fahrzeuges würdest du feststellen, dass sich hier ein positiver und ein negativer systematischer Einflussfaktor überlagert haben.
Tritt das Verklemmen nicht gleichzeitig, sondern später als die Installation der Spoiler auf, dann würdest du eine vergrößerte Streuung deiner Verbrauchswerte sehen.
Wir müssen also bei der Arbeit mit den systematischen Verbrauchsfaktoren sehr genau und aufmerksam sein.
Die Streuung des Kraftstoffverbrauches entsteht durch zufällige Faktoren.
Jetzt sind wir beim eigentlichen Schwerpunkt von diesem Artikel, dem hellen Anteil an den Blöcken.
Es ist nicht genau vorherzusagen, wie die Temperatur und der Wind in dem Augenblick sind, an dem du an einer bestimmten Stelle der Straße ankommst.
Schaust du den Wetterbericht, dann kannst du so ungefähr erfahren, wie das Wetter sein wird. Die ganz genaue Situation bleibt dem Zufall überlassen.
Ganz unmöglich ist es, das Wetter zu beeinflussen. Du bist nicht in der Lage zu einer genau vorgegebenen Zeit, an einem genau vorgegebenen Ort, eine Temperatur und eine Windstärke oder -richtung bewußt einzustellen!
Warum fährt gerade jetzt an dieser Steigung vor dir ein anderer LKW mit höherem Zuggewicht oder geringerer Leistung, der dir eine Fahrgeschwindigkeit aufzwingt, die du eigentlich gar nicht fahren willst?
Das ist nicht vorhersehbar gewesen, sondern geschah unbeabsichtigt und unerwartet.
Naja, auf bestimmten Autobahnen ist es inzwischen doch vorhersehbar, die Geschwindigkeit ist immer noch zufällig.
Du konntest es weder genau vorhersagen, noch kannst du etwas daran ändern. Es ist ja wie üblich Überholverbot.
Warum ist die Topografie genau so wie sie ist?
Warum hat die Straßenbaufirma die Straße nicht topfeben und schnurgerade gebaut?
Dafür gibt es sicherlich gute Gründe.
Du hast wohl eher sehr selten die Möglichkeit darauf Einfluss zu nehmen und einen Straßenverlauf nach deinen Wünschen herstellen zu lassen.
Die Streuung des Kraftstoffverbrauchswertes wird durch zufällig wirkende Faktoren verursacht.
Während der Fahrt verändern sich permanent Faktoren, welche die Höhe der Fahrwiderstände und den Wirkungsgrad beeinflussen. Das ist nicht zu vermeiden.
Da diese volatile Wirkung der Faktoren in der Konsequenz für die Streuung des Kraftstoffverbrauches verantwortlich sind, will ich hier mal einige aufzählen.
Zufällige Einflussfaktoren auf den Luftwiderstand.
- Windrichtung
- Windstärke
- Lufttemperatur (Luftdichte)
- Luftdruck
Zufällige Einflussfaktoren auf den Rollwiderstand.
- Straßenbelag / -temperatur
- Temperatur / Sonneneinstrahlung
- Radlastverteilung
- Reifentemperatur
- Regen / Schnee
- Antriebsmomentverläufe
- Seitenwind
- Kurvenverläufe / -geschwindigkeit
Zufällige Einflussfaktoren auf den Steigungswiderstand.
- Steigungsverläufe
- Gefälleverläufe
- Rollphasenverläufe
Zufällige Einflussfaktoren auf den Beschleunigungswiderstand.
- Verkehrsbedingte Beschleunigungen
- Rollphasenverläufe
Zufällige Einflussfaktoren auf den Motorwirkungsgrad.
- Zeitanteile in den unterschiedlichen Betriebspunkten im Motorkennfeld.
- Außentemperatur
- Umgebungsluftdruck
- Dieseltemperatur
- Schwingungsverläufe im Ansaug- und Abgaskanal
Zufällige Einflussfaktoren auf die Reibung.
- Kraftverlauf
- Öltemperatur
- Temperatur- und kraftbedingte Änderungen von Lagerpassungen und -spielen
Diese Aufzählung ist bei weitem nicht vollständig. Wenn du Ergänzungen hast, dann schreibe sie mir bitte in den Kommentar.
Ich werde in vielen weiteren Artikeln immer wieder auf diese Themen zurückkommen und sie noch genauer erklären.
Die Wirkung dieser Einflussfaktoren ist vorhersagbar, ihr Auftreten aber nicht.
Jede einzelne Auswirkung dieser Faktoren auf den Kraftstoffverbrauch ist reproduzierbar.
Allerdings ist der Zeitpunkt und das Ausmaß des Auftretens dieser Faktoren nicht vorhersehbar.
Es ist auch im Nachhinein schwer nachzuvollziehen, wann welcher Faktor wie vorhanden war.
Das Auftreten dieser Faktoren folgt dem Zufall. Das hat Konsequenzen:
Zur Beurteilung des Kraftstoffverbrauches müssen die systematischen von den zufälligen Einflüssen getrennt werden.
Um den störenden Anteil der Streuung im Kraftstoffverbrauchswert abzutrennen, gibt es drei Möglichkeiten. Jede der Möglichkeiten erfordert eine eigene Verbrauchsmessmethode.
Die erste der beiden Möglichkeiten ist im tagtäglichen Einsatz nicht realisierbar. Sie würde zu sehr vom eigentlichen Geschäft ablenkt.
Die dritte Möglichkeit erfordert aufwändige Computermodelle und teure Prüfstände.
Für die zweite Möglichkeit beim Flottenmonitoring musst du beurteilen, ob deine Daten ausreichen, um den Zufall auszuschalten. Deshalb schau dir bitte an, wie der Zufall funktioniert.
Zusammenfassung
Wenn du nun das Gelernte anwenden willst, solltest du noch folgende Artikel lesen:
Im Artikel: »Wie du den Durchschnittsverbrauch richtig ausrechnest« erfährst du, wie du die streuenden Kraftstoffverbrauchswerte zu einem aussagekräftigen Mittelwert zusammenführst, mit dem du dann arbeiten kannst.
Dann musst du noch überprüfen, ob der Mittelwert wirklich repräsentativ für die Gesamtheit der Werte ist.
Die Erklärung der Normalverteilung hilft dir, die Streuung selbst besser zu verstehen und in: »Wie du die Streuung von Verbrauchswerten kontrollierst«, lernst du letztendlich die Güte des Mittelwertes zu beurteilen.