Kräfte am Fahrzeug: Ein umfassender Überblick

Welche Kräfte wirken während der Fahrt an einem LKW?

An jedem Fahrzeug wirken: 
. der Fahrwiderstand,
. die Antriebskraft,
. die Massenträgheitskraft,
. die Bremskraft, 
. die Seitenführungskraft, 
. die Traktionskraft,
. die Fliehkraft,  
. die Gewichtskraft,
. die Radaufstandskraft.
Die Links führen zu den Onlinerechnern im Artikel.

Wenn du dir das Bild oben anschaust, dann denkst du sicherlich sofort darüber nach, welche Konsequenzen diese Beladung auf das Fahrzeug und sein Fahrverhalten hat.

Und das mit Recht!

Die Konsequenzen können fatal sein. Besonders dann, wenn der Fahrer seine Fahrweise nicht an diese Beladung anpasst.

Ich habe dir die Hauptkräfte, die an einem Fahrzeug wirken, oben im Kasten aufgelistet. Die Ladung, besonders wenn sie so wie auf dem Bild ausgeführt ist, hat auf alle einen Einfluss.

Du solltest diese Kräfte und ihre Wirkungen kennen. Dann kannst du bewerten, was passieren kann und kannst die richtigen Schlussfolgerungen ziehen, um gefährliche Situationen während der Fahrt zu vermeiden.

Wir schauen uns das hier im Überblick und dann, in weiteren Artikeln, im Einzelnen an.

Außer der Ladung gibt es aber natürlich noch eine ganze Reihe an weiteren Faktoren, die du kennen solltest.

Neben dem Ursprung der jeweiligen Kräfte gehe ich in diesem Artikel auch auf ihre Wirkungen und ihre Wechselwirkungen ein.

Natürlich werde ich ein besonderes Augenmerk auf den Kraftstoff- bzw. Energieverbrauch legen. Der hängt nämlich ganz entscheidend von den äußeren Kräften am Fahrzeug ab.

Aber auch die Auswirkungen auf das Fahrverhalten werden eine wichtige Rolle spielen.

Ich bin mir relativ sicher, dass du Informationen finden wirst, die neu für dich sind.

Im Artikel: „Kraft – unsichtbar, aber allgegenwärtig.“ erkläre ich die Kraft selbst und gehe darauf ein, welche Kraftarten es gibt und warum Kräfte immer paarweise auftreten. Du kannst dir dort das Grundlagenwissen über Kräfte anschauen.

Schau da ruhig mal rein, ich denke, es wird dir helfen deine Erinnerung ans alte Schulwissen nochmal aufzufrischen und den einen oder anderen Sachverhalt in diesem Artikel besser zu verstehen.

Die Kräfte nach Richtung sortieren.

Die Untersuchung und Beschreibung der Wirkung von äußeren Kräften auf ein Fahrzeug und sein Verhalten ist dem Fachgebiet Kraftfahrzeugtechnik eine eigene Fachrichtung wert. Diese Fachrichtung heißt: „Fahrdynamik“.

Ist ja auch logisch. Da ein Fahrzeug zur Bewegung erschaffen ist, interessiert natürlich die „Dynamik“, also das veränderliche Fahrzeugverhalten während der Bewegung.

Jedes Fahrzeug ist individuell. Es reagiert ganz eigen auf die Einwirkung von Kräften und sogar die Größe der Kräfte hängt teilweise auch vom Fahrzeug selbst ab.

Die Fahrzeugentwickler studieren dieses Fachgebiet im Studium intensiv und geben im Beruf ihr Bestes, um dem Fahrzeug Effizienz, Sicherheit und einen eigenen Charakter zu geben.

Aber natürlich kann auch der Fahrer im Fahrzeugeinsatz eine ganze Menge richtig oder falsch machen.

Also dann schauen wir uns das doch mal genauer an.

LKW mit den Richtungen Längsdynamik,Querdynamik und Fahrkomfort
Die drei Fachgebiete der Fahrdynamik orientieren sich am Fahrzeugkoordinatensystem.

Wie das nun mal üblich ist, schafft so eine Fachrichtung erstmal Ordnung im Fachgebiet.

Deshalb teilt sich die Fahrdynamik in die drei Raumrichtungen entlang eines Koordinatensystems im Fahrzeug auf.

  • Die „Längsdynamik“ behandelt alles, was in Längsrichtung passiert,
  • in Querrichtung zum Fahrzeug findet die „Querdynamik“ statt und
  • alles in Hochrichtung wird als „Fahrkomfort“ bezeichnet.

Damit das funktioniert, müssen Kräfte, wenn sie schräg am Fahrzeug angreifen, in diese drei Richtungen aufgeteilt werden.

Wie das geht, kannst du im Artikel: „Kräfte aufteilen und zusammenfassen | Schritt-für-Schritt-Anleitung“ nachlesen.

Ich werde mich hier im Artikel der gleichen Gliederung wie die Fahrdynamik bedienen.

Längsdynamik

Ich fange dann mal mit der Längsdynamik an, denn hier passiert die Energieumwandlung, die uns am meisten interessiert.

Wir Entwickler sagen gern spaßeshalber: „Die Längsdynamik ist extrem wichtig, denn die Straße ist nun mal viel länger, als sie breit ist.“

In der Tat liegt der Weg vom Start zum Ziel ja in Fahrzeuglängsrichtung.

Dieser Weg, mal der Antriebskraft, ergibt die Arbeit und diese wiederum repräsentiert den Energieverbrauch.

Diesen Zusammenhang habe ich im Artikel: „Willst du wissen, warum weniger Arbeit Kraftstoff spart?“ erklärt, schau da ruhig auch mal rein.

Fahrwiderstand vs. Antriebskraft

Wie du weißt, treten Kräfte immer paarweise auf und sind immer gleich groß, damit ein Gleichgewicht herrscht. Ich habe das in den Artikeln in „Das musst du wissen“ genau erklärt.

LKW unter Einwirkung von Fahrwiderstand und Antriebskraft

In der Konsequenz beeinflusst die Größe des Fahrwiderstandes die Höhe der Antriebskraft und damit direkt auch die Menge an Energie, die zu ihrer Erzeugung umgewandelt wird.

Aus diesem Grunde ist der Fahrwiderstand in aller Munde, denn seine Verringerung reduziert automatisch den Kraftstoffverbrauch des Fahrzeuges.

Es gibt allerdings nicht den einen Fahrwiderstand. Der Gesamtfahrwiderstand setzt sich aus 4 Einzelwiderständen zusammen. Diese sind:

  • Luftwiderstand
  • Rollwiderstand
  • Beschleunigungswiderstand
  • Steigungswiderstand

Mit dem Thema befassen sich eine ganze Reihe an Artikeln, du findest sie im Menü: „Verbrauch optimieren.“

Deshalb will ich es hier auch bei einem Überblick bewenden lassen.

Das Wesentliche zum Fahrwiderstand.

Ich unterteile die Fahrwiderstände in zwei Gruppen:

Da sind die „schlechten“ Fahrwiderstände: Luftwiderstand und Rollwiderstand.

Sie wirken immer bremsend und wandeln 100 % der in sie investierten Antriebskraft in Wärme um.

Hier gibt es nur ein Motto: Mach sie so klein wie nur möglich!

Das verbessert den Verbrauch und gleichzeitig auch das Fahrverhalten. Das Fahrzeug wird „agiler“. Es reagiert spontaner auf das Fahrpedal.

Die „guten“ Fahrwiderstände sind der Steigungs- und der Beschleunigungswiderstand.

Sie verwandeln die Antriebskraft in Lage- bzw. Bewegungsenergie. Diese Energieformen können zum weiteren Antrieb des Fahrzeuges wiederverwendet werden.

Das Unglück der Umwandlung in Wärme passiert erst durch Bremsen, welches du tunlichst vermeiden solltest.

Die entsprechende energiesparende Fahrweise habe ich schon erklärt, genauso wie die Assistenzsysteme, die dir dabei helfen: vorausschauender Tempomat, EcoRoll und Pulse & Glide.

Beschleunigungswiderstand ist eigentlich nur ein anderer Name für die Trägheitskraft, die während einer Fahrzeugbeschleunigung in Längsrichtung entsteht. Sie bremst die Beschleunigung.

Der Steigungswiderstand ist die in Fahrbahnrichtung wirkende Kraftkomponente der Gewichtskraft, die entsteht, wenn sich das Auto auf einer längs geneigten Fahrbahn bewegt.

AROCS in einer Steigung, die Gewichtskraft teilt sich in Radlast und Steigungswiderstand auf.
In der Steigung teilt sich die Gewichtskraft auf.

Geht es Bergauf, dann bremst sie und wird „Steigungswiderstand“ genannt. Bergab treibt sie an und heißt dann „Hangabtriebskraft“.

Wie groß ist der Fahrwiderstand bei einem LKW?

Fährt ein europäischer 40t Sattelschlepper mit konstanter Geschwindigkeit (80 bis 90 km/h) auf einer ebenen Autobahn, dann liegt der Fahrwiderstand in der Größenordnung von ungefähr 4 kN.

Ich weiß, ich sollte das so nicht schreiben, weil es nicht korrekt ist. Ich mache es aber ausnahmsweise trotzdem: Für 40 Tonnen Lastzuggewicht werden bei einem zweiachsigen Sattelschlepper rund 400 kg Zugkraft, also rund 1 % benötigt.

Der Leistungsbedarf liegt bei rund 100 kW, also etwa 135 PS.

An einer Steigung kommt der Steigungswiderstand dazu.

Bei 3 % Steigung steigt der Fahrwiderstand in den Bereich von 16 kN. Dafür sind dann schon rund 365 kW oder ca. 500 PS erforderlich, um die Geschwindigkeit zu halten.

Du willst also einen Motor haben, der bei 100 kW und etwas mehr einen sehr guten Wirkungsgrad hat, weil er da sehr häufig betrieben wird. Er soll dich aber auch schnell die Steigung heraufbringen, wenn es denn dann mal notwendig ist.

Dieser Kompromiss ist gar nicht einfach.

Es erklärt, warum Motorleistungen zwischen 450 und 500 PS (330 bis 370 kW) sehr häufig bei Fernverkehrsfahrzeugen vorzufinden sind.

Es ist auch die Erklärung, warum E-LKW ein schaltbares Getriebe haben. Selbst für einen Elektromotor ist diese Leistungsspanne nicht so ganz einfach zu verkraften, wenn er effizient arbeiten soll.

Diese Werte sind natürlich nur Orientierungswerte, in der Realität können selbstverständlich ganz andere Werte auftreten. Auch hier haben wir es mit der großen Streuung zu tun, die wir auch in den Kraftstoffverbrauchswerten finden.

Sind deine Fahrwiderstandswerte deutlich größer, dann mach es eventuell Sinn mal genauer hinzuschauen, was der Grund dafür ist.

Die Antriebskraft.

Damit wäre ich dann schon bei der Antriebskraft.

Die Antriebskraft eines Fahrzeuges muss genauso groß sein, wie die Summe von Luftwiderstand, Rollwiderstand und Steigungswiderstand, damit ein Fahrzeug mit konstanter Geschwindigkeit fährt.

Ist die Antriebskraft größer, dann steigt die Geschwindigkeit und, damit die Kräfte schön im Gleichgewicht bleiben, taucht dann der Beschleunigungswiderstand auf. Die überschüssige Kraft beschleunigt die Fahrzeugmasse auf eine höhere Geschwindigkeit.

Ist die Antriebskraft kleiner als die Fahrwiderstände, dann sinkt die Geschwindigkeit. Hier taucht jetzt die Massenträgheitskraft als zusätzliche Antriebskraft auf, die das Kräftegleichgewicht zu den Fahrwiderständen aufrechterhält.

Deshalb kommt beim Gaswegnehmen das Fahrzeug nicht sofort zum Stehen, sondern rollt noch ziemlich lange weiter.

Und deshalb kannst du auch „Schwung“ in eine Steigung hinein nehmen und damit mehr Antriebskraft nutzen, als der Motor hergibt. Dieser Schwung ist nichts anderes, als die Massenträgheitskraft deines Fahrzeuges.

Die Fähigkeit, die Geschwindigkeit zu halten oder das Fahrzeug zu beschleunigen, hängt also von der Antriebskraft ab, die vom Rad auf die Straße übertragen wird.

Wo kommt die Antriebskraft her?

Der Ursprung der Antriebskraft liegt im Motordrehmoment, das vom Fahrzeugmotor extra zu diesem Zweck erzeugt wird.

Um aus einem Drehmoment eine Kraft zu machen, braucht man einen Hebel. Beim Auto ist dieser Hebel der Radius des rollenden Antriebsreifens (dynamischer Rollradius genannt).

Antriebsmoment, Antriebskraft und Reifenradius
Das Antriebsmoment mit dem Reifenradius ergibt eine Antriebskraft

Damit am Rad auch genau die richtige Kraft zur Verfügung steht, wird das Drehmoment auf dem Weg vom Motor zum Getriebe durch Getriebeübersetzungen entsprechend angepasst.

Antriebskraft = Motordrehmoment x Getriebeübersetzung x Achsübersetzung / Reifenrollradius

Hier, mit dem Onlinerechner, kannst du Motordrehmoment zur Antriebskraft umrechnen.

Beachte, dass ich in die Berechnung den Getriebewirkungsgrad des Antriebsstranges nicht berücksichtigt habe. In der Realität wird also die Antriebskraft immer etwas geringer sein.

Onlinerechner Antriebskraft

Eingabewerte:

Motormoment:                         Nm

Getriebeübersetzung:              

Achsübersetzung:                   

Dynamischer Reifenrollradius:   mm


Ergebnis Antriebskraft:

F A = 0 kN

Die Traktionskraft

Die vom Motor bereitgestellte Antriebskraft ist die eine Seite der Medaille, die absetzbare Antriebskraft ist die andere Seite. Die Kraft muss auch auf die Straße gebracht werden können.

Radlast mal Reifenreibwert ergibt die übertragbare Antriebskraft.
Radlast mal Reibwert auf der Straße ergibt die absetzbare Antriebskraft pro Rad.

Die übertragbare Antriebskraft (Traktionskraft) ist eine Reibkraft und wird mit der Reibkraftformel berechnet. Sie hängt von der Achslast (Normalkraft) und dem Reibwert des Reifens auf der Straße ab.

Übertragbare Antriebskraft = Achslast der Antriebsachsen x Erdbeschleunigung x Reibwert

Bei den großen Antriebskräften, die in kleinen Getriebegängen ans Rad geschickt werden können, kann es vorkommen, dass die Traktion des Reifens zu gering ist, um die Kräfte auf die Straße übertragen zu können. Dann drehen die Räder durch oder die Motorelektronik reduziert das Antriebsmoment, damit die Räder eben nicht durchdrehen (Anti Schlupf Regelung / ASR).

Um eine maximal große Antriebskraft auf die Straße übertragen zu können, ist das Profil eines Antriebsachsreifens speziell dafür optimiert. Es sieht darum anders aus, als ein Trailer- oder Lenkachsreifenprofil.

Antriebsachsreifen und Anhängerreifen
Links – Antriebsachsreifen / Rechts – Lenkachsreifen

Und aus dem gleichen Grund schreibt das Gesetz vor, dass die Achslast der Antriebsachsen von LKWs nicht weniger als 25 % des zulässigen Fahrzeuggesamtgewichtes betragen darf. (StVZO/Richtlinie 96/53/EG)

Damit soll sichergestellt werden, dass der LKW auch bei schlechten Straßenverhältnissen nicht am Berg hängen bleibt.

Achte also darauf, so viel Last wie möglich auf der Antriebsachse zu haben.

Die Massenträgheitskraft.

Eine Trägheitskraft tritt immer dann auf, wenn eine Masse ihre Geschwindigkeit oder ihre Bewegungsrichtung ändert.

Jeder hat das zweite Newtonsche Gesetz in der Schule gelernt:

Kraft = Masse x Beschleunigung.

Newton hat herausgefunden, dass eine Masse ihre Geschwindigkeit ändert, wenn eine äußere Kraft auf sie einwirkt.

D’Alembert hat dann erkannt, dass die Masse die Geschwindigkeit gar nicht ändern will, sondern dass eine Kraft erforderlich ist, um die Geschwindigkeit zu ändern.

Zwei unterschiedliche Blickwinkel auf das gleiche Thema, mit Konsequenzen.

Für uns bedeutet es in der Fahrdynamik, dass wir Einrichtungen ins Fahrzeug einbauen müssen, die Kraft als Gegenkraft zur Trägheitskraft erzeugen können. Es ist nun mal notwendig, dass die Geschwindigkeit in bestimmten Fahrsituationen gezielt geändert werden muss.

Wir schauen uns gleich diese Bremskraft noch näher an, die für eine solche erforderliche Verzögerung der Fahrzeugmasse benötigt wird.

Die von der Bremse erzeugte Verzögerung bewirkt nun wiederum Trägheitskräfte an Fahrzeugteilen, die deshalb ausreichend fest mit dem Fahrzeug verbunden werden müssen, damit sie sich nicht selbstständig machen.

Bei der Ladung nennt man das „Ladungssicherung“, wie du weißt.

Zu dem Thema gibt es ja wirklich ausreichend Seiten im Internet, da muss ich hier nicht ins Detail gehen.

Die Trägheitskraft wirkt nicht nur in der Längsdynamik, sondern auch in den anderen Fahrzeugrichtungen. Deshalb kommen wir bei der Querdynamik und beim Fahrkomfort nochmal an der Trägheitskraft vorbei.

Trägheit verlagert Achslasten.

Ich habe oben geschrieben, dass die Antriebskraft vom Antriebsrad auf die Straße übertragen wird. Also liegt der Angriffspunkt der Antriebskraft im Aufstandspunkt des Reifens auf der Straße.

Die Trägheitskraft ist eine Massenkraft. Wie du in Artikel über die Kraft gelesen hast, kann der Angriffspunkt solcher Kräfte im Massenschwerpunkt zusammengefasst werden.

Nun ist der Schwerpunkt des Fahrzeuges deutlich höher als der Radaufstandspunkt auf der Straße.

Die Distanz zwischen diesen beiden Punkten (genauer, der Wirklinien der Kräfte) stellt einen Hebel dar. Und wo ein Hebel ist, ist auch ein Drehmoment.

Dynamische Achslastverlagerung beim Beschleunigen.
Achslastverlagerung beim Beschleunigen

Dieses Drehmoment führt dazu, dass sich das Fahrzeug um seine Querachse drehen will.

Das geht aber nicht, weil es von den Achsen auf der Straße abgestützt wird.

Die Konsequenz ist eine Verlagerung der Achslasten in der Drehrichtung von diesem Drehmoment.

Die Größe der Achslaständerung hängt vom Abstand der Achsen zum Schwerpunkt ab. Durch diese Hebelarme wird aus dem Nickmoment, das durch die Trägheitskraft erzeugt wird, eine Kraft am Rad.

Beim Beschleunigung wird Last von der Vorderachse auf die Hinterachse verlagert. Das ist gut, denn dadurch wird die Traktion der Antriebsachse größer, also drehen die Räder später durch.

Beim Bremsen geht Last von der Hinterachse auf die Vorderachse. Deshalb sind die Bremsen an der Vorderachse stärker belastet, als die der Hinterachse.

Also musst du die Vorderradbremsen genau im Blick behalten! Wenn die versagen, dann hast du ein ernstes Problem!

Schauen wir uns als Nächstes die Bremskraft an.

Die Bremskraft.

Gehst du vom Gas, dann bewirken die Fahrwiderstände eine Verzögerung. Sie bremsen das Fahrzeug. Diesen Effekt solltest du so häufig wie nur irgendwie möglich nutzen, wenn die Geschwindigkeit verringert werden soll.

Wenn allerdings eine höhere Verzögerung erforderlich ist, dann musst du auf das Bremssystem zurückgreifen. Ich gehe hier jetzt auf die Radbremsen ein, die im Notfall die physikalisch maximal mögliche Verzögerung realisieren können.

Für diesen Fall ist es notwendig, dass die Bremskraft der Räder ausreicht, die Reifen an die Blockiergrenze zu bringen, damit der Bremsweg so kurz wie möglich ist.

Eine LKW-Scheibenbremse kann, je nach Modell, zwischen 20 und 30 kNm Bremsmoment pro Rad erzeugen. Das sind dann ca. 40 bis 60 kN Bremskraft pro Rad. Bei 10 Rädern also 400 bis 600 kN.

Die Formel ist einfach:

Bremskraft = Bremsmoment der Radbremse / Reifenradius x Anzahl der Räder

Die übertragbare Bremskraft berechnen wir mit der Reibkraftformel:

Übertragbare Bremskraft = Summe über alle Achslasten x Erdbeschleunigung x ihrem Reifenreibwert

40 Tonnen Gesamtgewicht erzeugen 392 kN Radlast, bei einem sehr guten Reibwert von 0,8 sind also 314 kN absetzbar.

Der LKW hat also mehr installierte Bremskraft, als er auf der Straße realisieren kann.

Deshalb sind Bremsassistenten so wichtig!

Mit ihrer Hilfe können die Radbremsen so angesteuert werden, dass genau die maximal realisierbare Bremskraft eingesteuert wird, die das Rad nahe an die Blockiergrenze bringt, aber nicht darüber.

Welche Auswirkung hat die Beladung auf die Bremskraft?

Ein verringertes Fahrzeuggewicht bewirkt geringere Radlast und damit eine kleinere übertragbare Bremskraft. Im Umkehrschluss steigt mit größerer Beladung die übertragbare Bremskraft.
Die installierte Bremskraft des Fahrzeuges wird bei geringerer Beladung weniger ausgenutzt.

Welche Auswirkung hat die Belastung auf die max. Verzögerung?

Bei weniger Beladung ist nicht nur die übertragbare Bremskraft geringer, sondern auch die Trägheitskraft. Es wird also auch weniger Kraft zum Verzögern gebraucht.
Die maximal erreichbare Bremsverzögerung hängt nur vom Reifenreibwert ab.

Welche Auswirkung hat die Beladung auf den Bremsweg?

Unter Annahme einer gleichmäßig verzögerten Bewegung ist bei gleicher Bremsverzögerung und gleicher Ausgangsgeschwindigkeit auch der Bremsweg gleich. Die Masse spielt keine Rolle.

Du glaubst mir nicht?

Setzen wir mal die Trägheitskraft und die übertragbare Bremskraft ins Verhältnis zueinander und schauen, was mit der Bremsverzögerung passiert.

Formel für die Bremsverzögerung im Verhältnis zur Trägheitskraft.

Du siehst, die Fahrzeugmasse kürzt sich heraus. Die maximal erreichbare Bremsverzögerung hängt wirklich nur vom Reifenreibwert ab.

Bei einem Reibwert von 0,8 ist die maximale Bremsverzögerung also rund 8 m/s2.

Diesen Wert kennst du sicherlich aus deinem Ladungssicherungstraining. Da benutzt du diese Beschleunigung zur Berechnung der erforderlichen Reibkraft für die Ladungssicherung. Wenn der Reibwert deiner Ladung auf dem Ladeboden geringer ist, als dieser Wert, musst du die Differenz durch zusätzliche Normalkraft ausgleichen.

Wie groß ist der Bremsweg?

Die Beschleunigung gibt uns über das 3. Bewegungsgesetz der gleichmäßig beschleunigten Bewegung den Bremsweg. Deshalb können wir annehmen, dass bei gleicher Bremsbeschleunigung und gleicher Ausgangsgeschwindigkeit auch der Bremsweg gleich ist.

Auf der Seite vom „PLANETCALC“ habe ich einen guten Onlinerechner gefunden, mit dem du den Bremsweg ausrechnen kannst. Du musst die Beschleunigung mit Minus eingeben, sonst kommen negative Zeiten und Wege heraus.

Bitte beachte, dass es nur der physikalisch ideale Bremsweg bei Annahme einer ideal gleichmäßigen Beschleunigung ist. Die Realität ist ein bisschen anders.

In der Praxis wirken veränderliche Faktoren, die dafür sorgen, dass die Bremsbeschleunigung nicht wirklich linear ist.

Es ist also nur ein Orientierungswert, er gibt dir aber ein Gefühl, um welchen Größenordnung es sich handelt.

Der Anhaltewege ist nochmal länger, denn da müssen noch die Reaktionszeiten mit berücksichtigt werden.

Hinterachs-Lift-Off

Beim solo fahrenden Diesel-Sattelschlepper kann es beim Bremsen zum sogenannten „Hinterachse Lift Off“ kommen.

Bremsmoment, Hinterachs-lift-off

Der Fahrzeugschwerpunkt liegt hier sehr nahe an der Vorderachse. Dadurch ist das Drehmoment aus Gewichtskraft und Hebel vergleichsweise klein.

Ist es kleiner als das Bremsmoment an der Vorderachse, dann hat das Fahrzeug die Tendenz nach vorne umkippen zu wollen.

Die Elektronik regelt das zwar aus, aber die maximale Bremsverzögerung ist dann natürlich limitiert. Du solltest also möglichst Notbremsungen mit einer Solosattelzugmaschine vermeiden!

Bei Elektrofahrzeugen gibt es Dank des Batteriegewichtes dieses Problem nicht.

Querdynamik

Die Fliehkraft.

Fährst du mit deinem Fahrzeug durch eine Kurve, dann ist das auch eine Änderung der Geschwindigkeit. Nicht notwendigerweise in der Größe, aber in der Richtung.

Da sich das Fahrzeug in einer Kurve auf einer Kreisbahn bewegt, tritt eine spezielle Form von Massenträgheitskraft auf, die Fliehkraft oder auch Zentrifugalkraft genannt.

Die Fliehkraft hängt von der Fahrzeugmasse ab, es ist eine Massenkraft.

Logischerweise auch vom Kurvenradius, um so enger die Kurve, um so höher die Fliehkraft.

Und dann noch vom Quadrat der Geschwindigkeit!

Fliehkraft = Masse x Geschwindigkeit2 / Kurvenradius

Achtung! Wenn du zu schnell fährst, dann steigt die Fliehkraft deutlich schneller als die Geschwindigkeit!

Mit dem Onlinerechner kannst du dir Fliehkräfte ausrechnen.

Onlinerechner Fliehkraft:

Eingabewerte:

Geschwindigkeit:              km/h

Fahrzeugmasse:               t

Kurvenradius:                  m


Ergebnis Fliehkraft:

F A = 0 kN

Nachdem du nun ausrechnen kannst, wie groß die Fliehkraft ist, willst du sicherlich auch wissen, was sie bewirkt.

Nun, am besten ist es natürlich, wenn das Fahrzeug einfach ganz friedlich den Kreisbogen entlang durch die Kurve fährt.

Die Fliehkraft findet in der Seitenführungskraft der Reifen ihre Gegenkraft auf der Straße. Sind die beiden im Gleichgewicht, heben sich ihre Wirkungen gegenseitig auf.

Auch hier gibt es eine Lastverlagerung, ähnlich wie bei den Längskräften.

Die Radlast wird von den kurveninneren auf die kurvenäußeren Räder verlagert. Dadurch neigt sich das Fahrzeug in der Achsfederung zur Kurvenaußenseite.

Wenn du mit angemessener Geschwindigkeit durch die Kurve fährst, dann funktioniert das wunderbar.

Wenn die Geschwindigkeit nicht angemessen ist, dann rutscht das Fahrzeug nach außen aus der Kurve oder es kippt um.

Wann rutscht ein Fahrzeug in der Kurve zur Seite weg?

Dieser Fall tritt ein, wenn die Fliehkraft größer als die Seitenführungskraft der Reifen ist. Bei PKW ist das die häufigste Konsequenz von zu hoher Kurvengeschwindigkeit.

Wann kippt ein Fahrzeug in der Kurve um?

Wenn das Kippmoment aus Fliehkraft mal Schwerpunkthöhe größer ist, als das Drehmoment aus Gewichtskraft mal dem Abstand vom Schwerpunkt zum Radaufstandspunkt (Kipppunkt), dann kippt das Fahrzeug um. Dieser Fall tritt häufig bei LKW mit hoher Ladung auf.

Wegrutschen zur Seite ist der bessere Fall. Wenn das Auto nicht an einem Hindernis anschlägt, dann bleibt alles heile. Allerdings sind beim LKW die Kräfte in der Regel so groß, dass das nächste Hindernis häufig näher ist, als das Ende des Rutschens. Trifft der Reifen während dem Rutschen auf eine Kante, dann tritt Kraftschluss ein und der LKW kippt doch um.

Wenn der LKW umkippt, dann geht auf jeden Fall mal mindestens der Spiegel kaputt. (grins)

Ist das Kippmoment durch die Fliehkraft so groß, dass die kurveninneren Räder abheben, dann ist das Unglück meistens passiert.

Auf der Seite der Firma Rosenbauer (bekannt für ihre Feuerwehren), ist das Kippen sehr gut erklärt, deshalb verlinke ich dir das hier.

Der Vollständigkeit halber will ich aber noch hinzufügen, dass durch die Fahrzeugfederung der Schwerpunkt des Fahrzeuges mit wachsendem Kippmoment nach außen wandert. Diese Bewegung nennt man „Wanken“.

Dadurch verkürzt sich der Hebel der Gewichtskraft und damit das Moment, welches das Fahrzeug aufrecht hält.

Um so höher der Schwerpunkt ist, um leichter kippt ein Fahrzeug um.

Um dem zu begegnen, haben Fahrzeuge mit hoher Schwerpunktlage Querstabilisatoren in der Federung eingebaut.

Der Stabilisator überträgt Kraft vom kurvenäußeren Rad auf das kurveninnere und reduziert damit den Wankwinkel. Er hält das Fahrzeug in der Federung gerade.

Hinterachsquerstabilistor

Achte darauf, dass dein Fahrzeug mit Querstabilisatoren ausgestattet ist, wenn du Beladung mit hohem Schwerpunkt hast!

Die Achsen von Sattelaufliegern sind so konstruiert, dass die ganze Achse ein Stabilisator ist, deshalb wirst du da keinen extra Stabi entdecken können.

Auch beim Stabilenker von Mercedes und beim X-Lenker von MAN ist der Stabilisator in die Achsführung integriert und nicht so leicht zu erkennen. Also am besten fragen, wenn du dir nicht sicher bist.

Seitenwindkraft.

Die seitliche Fläche eines LKW ist deutlich größer als die Frontfläche.

  • 4 m mal 2,5 m ergeben 10 m2 Frontfläche.
  • 16,5 m mal 4 m ergeben 66 m2 Seitenfläche.

So ein Sattelschlepper hat also bis zu sechsmal mehr Seiten- als Frontfläche.

Sattelschlepper von der Seite und 6 Sattelschlepper von vorn

Wenngleich in dieser Richtung kein Fahrtwind auftritt, können starke Seitenwinde deshalb trotzdem spürbare Seitenkräfte erzeugen.

Die Querkraft, welche durch den Seitenwind verursacht wird, berechnet sich mit der gleichen Formel, wie der Luftwiderstand.

Auch hier geht die Windgeschwindigkeit im Quadrat ein.

Der Luftwiderstand dürfte hier ähnlich dem einer Schrankwand sein, in dieser Wirkrichtung kenne ich keine Optimierungsbemühungen.

Das Informationsportal Erneuerbare Energien schreibt, dass die durchschnittliche Windgeschwindigkeit in Deutschland 36 km/h beträgt.

Lass mich mal damit eine Überschlagsrechnung machen:

Mit dieser Windgeschwindigkeit und dem cw-Wert einer ebenen Platte (cw = 1,1 – 1,3 Quelle: PtJ) ergibt sich eine Seitenwindkraft von 4356 N.

Das ist etwas mehr als das Doppelte des Luftwiderstandes von einem LKW bei 85 km/h.

Das reicht weder, um den LKW zur Seite wegzuschieben, noch um ihn umzukippen.

Das ist also absolut ungefährlich.

Auch die durch den Wind verursachte Querkraft wird von der Seitenführungskraft der Reifen aufgenommen.

Da in dieser Richtung kein Weg erfolgt, entsteht keine Arbeit und demzufolge auch kein Energieverbrauch.

Allerdings bekommen die Reifen dadurch etwas mehr Schräglauf, was den Rollwiderstand erhöht und damit dann doch eine Auswirkung auf den Kraftstoffverbrauch hat. Wir sehen uns das nochmal an, wenn wir den Rollwiderstand im Detail betrachten.

Straßenquerneigung

Keiner will Wasser auf der Straße haben. Ich denke, das ist klar.

Damit sich Regenwasser nicht auf der Straße sammelt, sondern in den Straßengraben oder die Kanalisation fließt, haben Straßen eine Querneigung.

Die Straße ist also nicht nur längs, sondern auch quer eine geneigte Ebene.

Dadurch entsteht eine Hangabtriebskraft in Querrichtung, die auch eine Querkraft ist.

Nach Wikipedia beträgt die Regelquerneigung von Fahrbahnen 2,5 %, das sind 1,4°.

Mit meinem Kraftaufteilungsrechner kannst du dir diese Querkraft für jedes Fahrzeuggewicht und jede Straßenneigung ausrechnen. Bitte denke daran, die Gewichtskraft zu nutzen, also Masse mal 9,81.

In einer Kurve ist die Straße üblicherweise zur Kurveninnenseite geneigt, weil das den positiven Effekt bewirkt, dass sich die Querkraft aus der Fliehkraft und die Querkraft aus der Gewichtskraft gegenseitig abschwächen.

Was passiert in einer überhöhten Kurve?

In einer überhöhten Kurve teilen sich die Fliehkraft als auch die Gewichtskraft auf. Die Querkraftkomponenten schwächen sich ab, die Komponenten, die rechtwinklig zur Fahrbahn wirken, addieren sich. Sind Fahrgeschwindigkeit und Straßenneigung im richtigen Verhältnis, dann ist die Fahrt querkraftfrei. Durch die Straßenneigung sind höhere Kurvengeschwindigkeiten möglich.

Seitenführungskraft

Dann schauen wir uns jetzt noch die Seitenführungskraft an. Sie muss ja alle oben genannten Querkräfte auf der Straße abstützen.

Während die Antriebskräfte relativ richtungsstabil sind, ist das bei den Querkräften nicht der Fall.

Antrieb findet immer in Fahrtrichtung statt, Bremsen genau gegen die Fahrtrichtung.

Kurven wechseln, die Windrichtung ändert sich und dann kommen noch weitere äußere Einflüsse, wie Spurrinnen dazu.

Zu allem Unglück sind die Reifen in Querrichtung auch noch deutlich „weicher“ als in Längsrichtung.

Das alles würde dazu führen, dass Fahrzeuge auf der Straße „rumeiern“, würden die Fahrzeugentwickler nichts dagegen unternehmen.

Das Patentrezept dagegen ist die „Radstellungsgeometrie“ der Radführung, eine komplizierte Kombination aus mehreren Winkeln und Hebelarmen, mit denen die Reifen auf der Straße „vorgespannt“ werden.

Durch diese Maßnahmen fährt das Fahrzeug stabil geradeaus.

Wie alles im Leben ist auch das nicht umsonst, es kostet auch Energie.

Diese Effekte stecken, neben vielen anderen, im Rollwiderstand drin.

Ich werde darauf in den Rollwiderstandskapiteln noch genau eingehen.

Die Traktionskraft kümmert sich nicht um das Koordinatenkreuz.

Die Seitenführungskraft selber ist ein Geschwisterchen von der Antriebs- und der Bremskraft. Diese Kräfte sind ja nach der Logik der Fahrdynamik schön rechtwinklig zueinander.

Wenn wir wissen wollen, ob die Reifen Grip haben oder rutschen, dann dürfen wir diese Kräfte aber nicht einzeln betrachten!

Antriebs-, Brems- und Seitenkraft müssen zu einer resultierenden Kraft zusammengefasst werden, um zu beurteilen, ob die Reifentraktion zu ihrer Übertragung auf die Straße ausreicht.

Das ist wichtig, denn damit die Räder nicht rutschen, muss diese resultierende Kraft kleiner sein, als die absetzbare Kraft.

Die übertragbare Kraft am Rad und die resultierende Kraft aus Längs- und Querkräften bilden ein Kräftepaar.

Nur wenn Längs- oder Querkraft allein vorhanden sind, steht ihnen die volle Traktion zur Verfügung. Sind beide Kräfte vorhanden, dann bestimmt ihr Größenverhältnis die Richtung, in der die maximale Traktionskraft gefordert ist.

Das Ganze spielt sich damit in einem Kreis ab, dessen Radius von der Größe der maximalen Traktionskraft bestimmt ist. Dieser Kreis wird »Kammschen Kreis« genannt. (Wikipedia erklärt das sehr schön ausführlich)

Verursachen Querkräfte eine Kurve?

Um diese Frage zu beantworten, schauen wir uns das mal schön Schritt für Schritt an.

Wann fährt ein Fahrzeug geradeaus?

Ein Fahrzeug fährt geradeaus, wenn alle Radachsen parallel zueinander stehen. Die Radaufhängungsgeometrie erzeugt in Verbindung mit dem Fahrzeuggewicht Kräfte im Lenksystem, welche die Räder und damit auch das Lenkrad automatisch in Geradeausstellung drehen (Rückstellkräfte). Im Lenksystem ist mechanische Reibung eingebaut, um Schwingungen im System zu dämpfen. Darum stellt sich bei unbetätigter Lenkung immer Geradeausfahrt ein.

Wann fährt das Fahrzeug eine Kurve?

Schneiden sich die Radachsen eines Fahrzeuges, dann fährt das Fahrzeug eine Kurve. Der Schnittpunkt ist der Kurvenmittelpunkt. Die Kurve wird durch Eindrehen der Lenkachsräder eingeleitet. Alle Radachsen, die nicht durch den Kurvenmittelpunkt gehen, bekommen Schlupf und damit erhöhten Reifenverschleiß und mehr Rollwiderstand.

Verursachen Querkräfte eine Kurve?

Querkräfte erzeugen durch den Radnachlauf, in Verbindung mit dem Lenkrollradius, Kräfte im Lenkgestänge, welche einen Lenkeinschlag der Vorderräder bewirken. Diese wirken gegen die Rückstellkräfte der Lenkung und gegen die Reibung. Es kommt also erst zu einem Radeinschlag, wenn die Querkräfte größer als die Rückstell- und Reibkräfte sind. Sind sie kleiner, dann fährt das Fahrzeug trotz vorhandener Querkräften geradeaus. Querkräfte bewirken also nur bei starkem Seitenwind oder starker Fahrbahnneigung eine Kurve.

Fahrkomfort

Kommen wir nun zu guter Letzt zur Hochrichtung. Hier haben wir es jetzt endlich mit der eigentlichen, reinen Gewichtskraft zu tun.

Darum geht es ja in unserem Geschäft, es sollen Lasten transportiert werden.

Aber wieviel darf denn aufgeladen werden?

Zulässige Gewichte.

Der Gesetzgeber regelt drei Gewichtskategorien.

  • das zulässige Fahrzeuggesamtgewicht,
  • das zulässige Lastzuggesamtgewicht,
  • die zulässigen Achslasten.

Du findest die zulässigen Werte für Deutschland in der StVZO §34 und die Werte für den grenzüberschreitenden Verkehr in Europa in der EU Richtlinie 96/53/EG

Deutschland richtet sich dabei weitestgehend nach den Vorgaben der Europäischen Union. Andere Länder in Europa sind wesentlich freizügiger und erlauben in ihren Ländern teilweise deutlich höhere Werte.

Wie das bei Gesetzen häufig der Fall ist, ist das eine komplizierte Materie, mit vielen Ausnahmen. Deshalb will ich hier nur kurz die wesentlichen, am häufigsten vorkommenden, gesetzlich zulässigen Werte auflisten.

Lastzuggesamtgewichte:

Zweiachsiges Zugfahrzeug mit zweiachsigem Anhänger36 t
Lastzug mit mehr als 4 Achsen (z.B. Sattelzug mit 5 Achsen)40 t
Zweiachsiger Sattelschlepper im kombinierten Verkehr42 t
Dreiachsiger Sattelschlepper im kombinierten Verkehr 44 t
Fahrzeuge mit alternativen Antrieben+1 t
Fahrzeuge mit emissionsfreien Antrieben+2 t

Fahrzeuggesamtgewichte:

Fahrzeug mit 2 Achsen18 t
Fahrzeug mit 3 Achsen26 t
Fahrzeug mit 4 Achsen32 t
Fahrzeuge mit alternativen Antrieben+ 1t
Fahrzeuge mit emissionsfreien Antrieben+2 t

Achslasten:

Nichtangetriebene Achsen10 t
Angetriebene Achsen 11,5 t
Dreifachachsen mit < 1,3 m Achsabstand21 t

Technisch erlaubte Gewichte.

Zusätzlich zu den gesetzlich erlaubten Gewichten steht es dem Fahrzeughersteller frei, die Konstruktion des Fahrzeuges durchaus für höhere Lasten auszulegen.

Das macht durchaus Sinn, denn es gibt auf der einen Seite Fahrzeugeinsätze, die abseits öffentlicher Straßen stattfinden und es gibt nationale Sonderregelungen, die höhere Lasten auch auf öffentlichen Straßen erlauben.

Auch diese Lasten sind für den Nutzer der LKW’s verbindlich, denn ihre Überschreitung kann zur Schädigung von Bauteilen führen, die als Konsequenz lebensgefährliche Unfälle zur Folge haben können.

Also bitte aufpassen:

Wenn du die gesetzlich zulässigen Lasten überschreitest, dann machst du Straßen und Brücken kaputt.

Wenn du die technisch zulässigen Lasten überschreitest, dann machst du das Fahrzeug selber kaputt.

Gewichtskraft vs. Achslasten

Nachdem du dich informiert hast, welche Lasten erlaubt sind, musst du nun noch herausfinden, wie hoch die Lasten im konkreten Fall wirklich sind.

Die Gewichte setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen, die du alle von deinem Fahrzeug kennen solltest.

  • Das Fahrzeugleergewicht
  • Das Gewicht von Fahrzeugaufbauten (Pritsche, Kran etc.)
  • Das Ladungsgewicht
  • Die Stützlast von Anhängern

Diese Komponenten ergeben dein Fahrzeuggesamtgewicht, bzw. das Lastzuggewicht.

Um die Achslasten zu bestimmen, brauchst du noch die Schwerpunktlage.

Es ist nicht praktikabel, für jede Beladung die Schwerpunktlage zu berechnen, deshalb kannst dir für deinen LKW einen Lastverteilungsplan erstellen lassen. Mit seiner Hilfe erkennst du, wieviel Gewicht du auf welchen Teil der Ladefläche aufladen kannst, ohne dass die zulässigen Achslasten überschritten werden.

Natürlich gibt es auch entsprechende Software, um diese Aufgabe zu erleichtern. Am Ende bleibt immer noch die Alternative, das Fahrzeug und die Achslasten zu wiegen.

Bei Fahrzeugen mit Luftfederung zeigt dir das Fahrzeug in der Regel die Achslast im Display an.

Mehr als zwei Achsen erfordern Sondermaßnahmen.

Es gibt da noch eine Sache, die vielleicht noch erwähnenswert ist.

Hat ein Fahrzeug zwei Achsen, dann ist die Lastverteilung eindeutig. Die Techniker sagen: „Das System ist bestimmt.“

Hat ein Fahrzeug mehr als zwei Achsen, dann würde die reale Achslast auch von der Bodenbeschaffenheit abhängen. Die Achse, die auf einem Buckel steht, trägt die meiste Last, die Achse, die in einem Loch steht, trägt die wenigste Last.

Man nennt das: „Das System ist überbestimmt.“

Das kann man so nicht akzeptieren, weil es zu einer technischen Überlastung führen würde. Deshalb müssen mehrachsige Fahrzeuge so gebaut sein, dass dieses nicht passiert.

Dafür gibt es vier Möglichkeiten:

  1. Doppelachsen sind in einer Pendelfederung gelagert. Diese Federungsart erlaubt es den Achsen um die Mitte ihres Achsabstandes zu pendeln und damit Geländeunebenheiten auszugleichen.
  2. Luftgefederte Achsen verfügen über einen Druckausgleich, der es ermöglicht, dass Luft zwischen den Luftbälgen überströmt, dadurch verteilt sich die Last entsprechend der eingebauten Zylinderfläche der Luftbälge.
  3. Doppelachsen verfügen über einen Achslastausgleich, der Last von einer auf die andere Achse überträgt. (Bei doppelten Vorderachsen üblich)
  4. Die letzte Alternative ist natürlich jede einzelne Achse so auszulegen, dass sie auch alleine die volle Achslast aushält.

Statische Achslasten

Alles, was wir bisher angesehen haben, ist ein statischer Zustand.

Das Fahrzeug hat eine Masse und einen Schwerpunkt.

Die Fahrzeugmasse mal der Erdbeschleunigung ergibt die Gewichtskraft, mit der das Fahrzeug auf die Straße drückt.

In Verbindung mit dem Abstand der Achsen vom Schwerpunkt verteilt sich diese Gewichtskraft auf die Räder, sodass jedes einzelne Rad mit seinem Teil der Gewichtskraft auf die Straße drückt. Das ist dann die jeweilige Radlast, von der ja schon mehrfach die Rede war.

Die dynamischen Lasten sind deutlich größer als die statischen Lasten.

Da ja ein Fahrzeug zum Fahren gedacht ist, müssen wir uns nun noch ansehen, was bei der Bewegung passiert, also wenn Dynamik ins Spiel kommt.

Und nun bekommen wir es wieder mit der Trägheitskraft zu tun!

Das ist nun das dritte Mal, dass ich darüber rede und deshalb weißt du schon, dass die Masse des Fahrzeuges stur seine Geschwindigkeit beibehalten will.

In Hochrichtung ist diese Geschwindigkeit am liebsten Null. Dann ist das nämlich super komfortabel.

Solange die Straße topfeben ist, dann klappt das auch.

Dummerweise sind die Straßen leider nicht immer perfekt eben, sie haben Löcher und Buckel.

Beides mag das Fahrzeug überhaupt nicht.

Zu allem Unglück tauchen diese Löcher und Buckel auch noch extrem schnell auf, wenn das Fahrzeug darüber fährt. Der Fahrzeugmasse bleiben nur Millisekunden Zeit, um auf diese Ereignisse zu reagieren.

Schauen wir uns also mal kurz die Probleme an, die daraus resultieren:

  • Bei einem Loch oder bei einer Vertiefung in der Straße würden die Räder den Bodenkontakt verlieren, weil das Fahrzeug einfach in Längsrichtung darüber fliegt, ohne in Hochrichtung eine Reaktion zu zeigen. Damit ist keine Kraftübertragung auf die Straße möglich. Bremsen und Lenken geht nicht mehr. Das Fahrzeug ist in dem Moment nicht beherrschbar.
  • Bei einem Buckel wird das Fahrzeug in Millisekunden nach oben beschleunigt. Durch diese extrem hohe Beschleunigung entstehen enorm große Kräfte, die das Fahrzeug zerstören und den Fahrer krank machen.

Sowas würde vielleicht noch bei sehr kleinen Fahrgeschwindigkeiten funktionieren, die können wir aber nicht akzeptieren. Wir reden ja über einen LKW und nicht über einen Traktor.

Also, was ist die Lösung?

Die Achsfederung löst das Trägheitsproblem.

Die Achsfederung bewirkt eine Entkopplung von Achse und Fahrzeug.

Dank der Achsfederung kann die große Fahrzeugmasse gemächlich ihrer Trägheit folgen, ohne dass übermäßig große Kräfte entstehen. Man bezeichnet sie als „gefederte Masse“.

Die Achsen, mit ihren vergleichsweise geringen Massen, folgen der Straßenkontur und leiten die durch ihre Beschleunigung entstehenden Kräfte in die Federn ein, wo sie als Federkraft aufgefangen, gespeichert und später durch die Achsdämpfer gezielt unschädlich gemacht werden. Sie sind „ungefederte Masse“.

Das macht die Sache für den Konstrukteur kompliziert, die Achsen sollen leicht sein, damit die Kräfte nicht zu groß werden. Gleichzeitig müssen sie aber stabil sein, um die Kräfte auszuhalten. Brechen dürfen sie auf gar keinen Fall, denn das wäre wirklich gefährlich.

Die Energie für diesen Vorgang kommt aus dem Antrieb. Die Kräfte sind zwar groß, allerdings ist der Weg verhältnismäßig klein. Wir reden hier über einige Zentimeter Federweg. Darum ist die Menge an Energie, die hierbei in Wärme umgewandelt wird, eher vernachlässigbar.

Die Radaufstandskraft

Die Radaufstandskraft ist die Gegenkraft zur Gewichtskraft.

Gewichtskraft und Radaufstandskraft

Die Radaufstandskraft muss von der Fahrbahn aufgebracht werden.

In Verbindung mit der Kontaktfläche der Reifen erzeugt sie den Druck, den die Straßenoberfläche aushalten muss, ohne kaputtzugehen. Das erklärt auch, warum die Gesetzgeber so sensibel bei der Größe der zulässigen Achslasten sind.

Größere Achslasten bewirken höheren Druck auf die Straße, die dadurch eher wieder instandgesetzt wird, was den Staat Geld kostet, welches er lieber für etwas anderes ausgeben möchte.

Zusammenfassung

  • Die Fahrdynamik wird in Längsdynamik, Querdynamik und Fahrkomfort eingeteilt.
  • In Längsrichtung wirken Fahrwiderstand und Antriebskraft.
  • Bei der Antriebskraft muss man zwischen der Motorantriebskraft und der absetzbaren Antriebskraft unterscheiden.
  • Die Massenträgheit verlagert die Achslast und bewirkt mehr Traktion beim Beschleunigen und Bremsen.
  • Die Bremskraft ist von der Fahrzeugmasse abhängig, die Bremsverzögerung aber nicht.
  • Bei Kurvenfahrt tritt eine Fliehkraft auf, die von Masse, Kurvenradius und dem Quadrat der Geschwindigkeit abhängt.
  • Seitenwind und Straßenquerneigung verursachen Querkräfte.
  • Das Gleichgewicht von Querkräften und Seitenführungskräften ist unabhängig von der Fahrtrichtung. (Kammscher Kreis)
  • Entlang der Hochachse wirkt die Gewichtskraft auf die Straße.
  • Um die Trägheitskräfte in Hochrichtung zu beherrschen, müssen Fahrzeuge mit einer Achsfederung ausgerüstet sein.

Ich habe dir in der Einleitung versprochen, dass du in diesem Artikel etwas Neues lernst. Schreibe mir doch bitte im Kommentar, ob ich recht hatte.

Ich habe hier in diesem Artikel viele Themengebiete nur kurz anreißen können. Gibt mir doch auch einen Hinweis, auf welchen Aspekt ich in weiteren Artikeln genauer eingehen soll.

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