Warum überholen LKW? – Rätsel gelöst!
Frust-Kommentar eines genervten Autofahrers
Überholen LKW aus Langeweile?
Nachdem ich den Artikel Elefantenrennen auf der Autobahn: Frust-Kommentar eines Autofahrers | Leben & Wissen | BILD.de gelesen hatte, habe ich mich entschieden, dieses Thema in diesem Blogartikel aufzugreifen. Ich will hier Hintergründe beleuchten, die für viele vermutlich im Dunklen liegen, die aber vielleicht helfen gegenseitiges Verständnis aufzubauen.
Ist das wirklich das Argument, welches bei Autofahrern Verständnis für überholende LKWs erzeugt?
… Oder sind die Autofahrer zu Recht verärgert?
Ich werde in diesem Artikel einige Fahrsituationen aufarbeiten, mit deren Hilfe du dir dazu selber eine Meinung bilden kannst.
Da ich hoffe, dass viele PKW-Fahrer diesen Artikel finden und lesen, werde ich einige Sachverhalte erklären, die für uns Truckies selbstverständlich sind. Bitte habt dafür Verständnis, schaut euch meine Argumente trotzdem an und gebt mir fleißig Feed Back im Kommentarfeld am Ende des Artikels.
Ich bin mir sicher, dass auch für dich als LKW-Kenner einige Informationen neu und interessant sind.
Lieber Autofahrer, liebe Autofahrerin, habe bitte Nachsicht, dass ich auch in diesem Artikel bei meinem üblichen Trucker-Du bleibe.
Ach ja, übrigens hat das Thema auch was mit dem Kraftstoffverbrauch und den Fahrwiderständen zu tun. Deshalb passt es doch ganz gut in die „Kraftstoffverbrauch optimieren“ Kategorie.
LKW haben Geschwindigkeitsbegrenzer eingebaut.
Bei 90 km/h ist Schluss!
Für europäische LKW gelten Regeln, die vielen Autofahrern nicht bekannt sein dürften. Wenn du verstehen willst, warum LKW-Überholvorgänge lange Zeit in Anspruch nehmen, spielen sie aber eine wichtige Rolle.
Also will ich die wichtigsten Punkte hier kurz und knapp erklären.
Der Geschwindigkeitsbegrenzer dreht bei 90 km/h das Gas zu.
In der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) §57c ist gefordert, dass Fahrzeuge > 3,5t mit einem Geschwindigkeitsbegrenzer ausgestattet sein müssen. Er muss die Fahrgeschwindigkeit auf max. 90 km/h inklusive aller Toleranzen begrenzen.
Die für diesen Regler erforderlichen Sensoren müssen verplombt und die Software einbruchssicher sein. Diesen Geschwindigkeitsbegrenzer auszutricksen, erforderte eine gehörige Portion kriminelle Energie.
Du kannst davon ausgehen, dass bei allen LKW, die du auf der Autobahn triffst, bei maximal 90 km/h Schluss ist.
Wenn du als PKW-Fahrer hinter einem LKW fährst und auf deinen Tacho schaust, dann wirst du vielleicht glauben, der LKW fährt doch schneller als 90 km/h.
Das liegt aber an deinem PKW!
PKW Tachos zeigen deutlich konservativere Werte an, während der LKW wirklich ziemlich genau 90 km/h anzeigt und fährt. Den Grund für diesen Unterschied kannst du im Artikel über die Fehlerquellen bei der Verbrauchsmessung nachlesen.
Weil die Geschwindigkeitsregelung und -anzeige nur geringe Toleranzen hat, finden LKW Überholvorgänge mit so geringem Geschwindigkeitsunterschied statt!
Die im Artikel erwähnten 3 km/h sind eine realistische Größenordnung und vermutlich schon eher eine hohe Toleranz.
Dafür muss er dann temporär seine Fahrerassistenzsysteme ausschalten und manuell übernehmen.
Warum es in der Ebene kein Problem mit zu geringer Motorleistung gibt.
Die Sattelschlepper, die auf europäischen Autobahnen unterwegs sind, haben üblicherweise Motorleistungen zwischen 430 und 530 PS (316 -389 kW). Die Mehrzahl der LKW liegt in der Mitte, so um die 450 bis 480PS.
Auf einer ebenen Autobahn, ohne Gefälle oder Steigung und Fahrt mit gleichbleibender Geschwindigkeit (90 km/h), hat ein 40t schweres Fahrzeug einen Leistungsbedarf von ca. 100 kW (135 PS).
Für mehr als 40t braucht man Sondergenehmigungen und Überladung wird kontrolliert und hart bestraft. Du kannst also davon ausgehen, dass die allermeisten LKW nicht schwerer als 40t sind.
Es ist also immer genügend Leistung verfügbar.
Bei einer Steigung ist das anders, aber dazu kommen wir gleich noch.
Warum bergab nicht überholt wird.
Fährt ein Fahrzeug bergab, dann wirkt eine Hangabtriebskraft und beschleunigt das Fahrzeug unabhängig vom Motor.
Da der Geschwindigkeitsbegrenzer nur für die Limitierung des Antriebsstranges vorgeschrieben ist, kann ein LKW, rein technisch, bergab wesentlich schneller als 90 km/h fahren.
Nun bekommen wir es aber mit einem anderen Gesetz zu tun.
Nach VERORDNUNG (EWG) Nr. 3821 /85 DES RATES , auf die in der StVZO §57b verwiesen wird, müssen LKW mit einem Kontrollgerät ausgestattet sein.
An diesem Kontrollgerät, landläufig auch Fahrtenschreiber genannt, muss sich der Fahrer mit einer personenbezogenen Fahrerkarte identifizieren.
Auf diese Fahrerkarte werden Überschreitungen der 90 km/h Geschwindigkeitsgrenze aufgezeichnet und für lange Zeiträume abgespeichert.
Die Kontrollbehörden, also die Polizei, kann vom Fahrer seine Fahrerkarte verlangen, die Daten auslesen und alle seit der letzten Kontrolle eingetragenen Vergehen bestrafen.
Und das machen die auch!
Der Fahrer muss also nicht auf frischer Tat ertappt werden, er wird noch Monate später für sein Vergehen bestraft.
Er will ja seine Fahrerlaubnis behalten und seinen sauer verdienten Lohn nicht an die Polizei weitergeben.
Bergab überholen mach man also nicht.
Warum ein LKW-Fahrer überholen will.
Schauen wir uns als Nächstes nun die Gründe an, die einen Überholvorgang sinnvoll erscheinen lassen.
Zeit versus Geld
Es gibt drei mögliche Fahrstrategien, die von LKW-Fahrern angewendet werden können.
Ausschlaggebend für die Wahl der Fahrstrategie ist die Frage, ob die Fahrzeit oder der Kraftstoffverbrauch das kritischere Kriterium ist. Das hängt manchmal vom konkreten Auftrag, manchmal aber auch von der Strategie des Unternehmens ab.
Zeitoptimierte Fahrweise
Wenn die Zeit der limitierende Faktor ist, dann fährt der LKW-Fahrer Vollgas, also mit den technisch möglichen 90 km/h.
In Deutschland sind nur 80 km/h auf der Autobahn erlaubt, aber es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass ein LKW-Fahrer bestraft wird, wenn er auf der Autobahn schneller fährt. In anderen EU Ländern sind die 90 km/h sogar legal.
Fahrwiderstandsoptimierte Fahrweise
Auf der Autobahn ist der Luftwiderstand ein Verbrauchs-bestimmender Fahrwiderstand, der mit der Geschwindigkeit quadratisch zu nimmt.
Fährt ein LKW mit geringerer Geschwindigkeit, dann sinkt der Kraftstoffverbrauch.
Ich will hier keinen Nachweis führen, ich werde das demnächst in einem eigenen Artikel über den Luftwiderstand machen, aber als Größenordnung sei gesagt, dass zwischen 80 km/h, 85 km/h und 90 km/h jeweils so um die 1,5 l/100 km Kraftstoffverbrauchsunterschied liegt.
Aus diesem Grund gibt es in einigen LKW-Modellen spezielle Fahrprogramme, die nur maximal 85 km/h zulassen. Einige davon sind sogar vom Unternehmer Zwangs-aktiviert, der Fahrer hat da gar keinen Einfluss.
Verbrauchsoptimierte Fahrweise
Bei dieser Fahrweise nutzt der Fahrer die Fahrerassistenzsysteme, wie zum Beispiel den vorausschauenden GPS Tempomaten, EcoRoll oder Pulse & Glide.
Bei dieser Fahrstrategie schwankt die Geschwindigkeit in einem, vom Fahrer vorgegebenen, Geschwindigkeitsbereich.
Je größer der Geschwindigkeitsbereich gewählt wird, umso höher ist die Verbrauchseinsparung.
Diese Fahrstrategie ermöglicht einen Kompromiss aus Zeit- und Verbrauchsoptimierung. Man ist schneller am Ziel als bei der fahrwiderstandsoptimierten Fahrweise. Je nach Geländebeschaffenheit ist der Kraftstoffverbrauch hier sogar noch deutlich niedriger.
Auch wenn die Fahrzeit der zeitoptimierten Strategie nicht erreicht wird, stellt diese Fahrstrategie einen sehr lukrativen Kompromiss dar. Deshalb empfehle ich diese Fahrstrategie wärmstens.
Auch wenn vermutlich noch viele LKW-Fahrer zeitoptimiert unterwegs sind, nimmt der Anteil der verbrauchsoptimierten spürbar zu.
Was passiert, wenn der Eine den Anderen überholt?
Nachdem wir jetzt die möglichen Fahrstrategien kennen, bringen wir nun verschiedenen Fahrstrategien hintereinander auf die Autobahn.
Zeitoptimiert fährt vorn
Er schafft in 9h täglicher Fahrzeit max. 45 km mehr Strecke als der Fahrwiderstandsoptimierte mit 85 km/h und 90 km mehr als der Fahrwiderstandsoptimierte mit 80 km/h. Dafür verbraucht er so circa 10 l bzw. 20l mehr Diesel am Tag.
Fahrwiderstandsoptimiert fährt vorn.
Dem Zeitoptimierten wird vom Fahrwiderstandsoptimierten die fahrwiderstandsoptimierte Fahrweise aufgezwungen.
Da er das nicht will, wird er überholen.
Für den Autofahrer ist das eine Ewigkeit.
Fährt der Kollegen auf der rechten Spur mit 80 km/h ist es eine dreiviertel Minute. Das lässt der Bußgeldkatalog wohl ohne Strafe durchgehen.
Folgt ein Fahrzeug, mit dem der Fahrer verbrauchsoptimiert fährt, dann wird auch diesem die fahrwiderstandsoptimierte Fahrweise aufgezwungen.
Auch er wird überholen, um seine Fahrstrategie weiterfahren zu können.
Er hat allerdings die Möglichkeit, für die Dauer des Überholvorganges seine Strategie zu pausieren und Vollgas zu fahren.
Das wird er auch machen und damit stellen sich die gleichen Verhältnisse ein, als wenn ein Fahrzeug mit zeitoptimierter Fahrweise überholt. Also so, wie eben beschrieben.
Beispielrechnung – Überholdauer
Nehmen wir an, der LKW schert 50 m hinter dem Vordermann aus (Der vorgeschriebene Sicherheitsabstand sind 50 m). Danach muss er am 16,5 m langen Sattelschlepper des Vordermannes vorbei, seine eigenen 16,5 m herausfahren und wieder 50 m Sicherheitsabstand herstellen.
Der Schnellere muss also mit seiner Mehrgeschwindigkeit 133 m herausfahren, bevor er wieder auf die rechte Spur einscheren kann.
Mit einer Mehrgeschwindigkeit von 5 km/h (90 zu 85 km/h) braucht er 95 Sekunden, um 133 m zurückzulegen.
Mit einer Mehrgeschwindigkeit von 10 km/h (90 zu 80 km/h) braucht er 47 Sekunden.
*In der Praxis wird vermutlich häufig der Sicherheitsabstand nicht eingehalten, das verkürzt den Überholvorgang signifikant, ist aber gefährlich.
*Zum Geschwindigkeitsunterschied durch die Fahrstrategie kommt noch die technische Geschwindigkeitstoleranz des Fahrreglers hinzu. Dadurch verlängert oder verkürzt sich der Überholvorgang je nach Toleranzlage.
Hier noch einige Werte, welche Überholzeiten, die Geschwindigkeitsregler-Toleranzen alleine für sich ergeben. Wenn also zwei Vollgasfahrer sich überholen und nur die Reglertoleranz wirkt.
- 3 km/h Mehrgeschwindigkeit braucht 160 s ( 2 3/4 Minuten)
- 2 km/h Mehrgeschwindigkeit braucht 239 s ( 4 Minuten)
- 1 km/h Mehrgeschwindigkeit braucht 478 s ( 8 Minuten)
Verbrauchsoptimiert fährt vorn.
Die verbrauchsoptimierte Fahrweise hat keine konstante Geschwindigkeit, sondern die Geschwindigkeit schwankt im eingestellten Bereich.
Es kommt hier also darauf an, den richtigen Moment abzuwarten.
Hier ist also der Fahrer gefordert.
Das kann die Automatik des LKW nämlich noch nicht. Der Kollege mit dem „munter bleiben“ hat also recht!
Der Fahrer muss aufmerksam sein, um diese Situation zu erkennen, die Automatik entsprechend zu übersteuern und genau im richtigen Moment zu überholen.
Wenn er das nicht macht, dann wechselt sich unbeabsichtigt, automatisch die Fahrstrategie und im schlimmsten Fall geht die ganze Tourenplanung nicht mehr auf.
Es ist notwendig, dass die PKWs auf der Überholspur den LKW genau in diesem Moment überholen lassen!
Wenn er warten muss, bis die Spur frei ist, dann ist die günstige Gelegenheit schon wieder vorbei.
Ich kann euch aus eigener Erfahrung sagen:
Das wartet man den richtigen Moment ab.
Dann kommt ein PKW von hinten.
Dann wartet man auf den nächsten Moment.
Dann kommt ein PKW von hinten.
. Nochmal
. Nochmal
. Nochmal
. Nochmal
. Nochmal
Irgendwann hast du die Schn…ze voll und ziehst einfach raus.
Warum sich verbrauchsoptimiert fahrende LKW gegenseitig überholen.
Hier spielt nun das Fahrzeuggewicht doch auch in relativ ebenem Gelände eine Rolle.
Ein schwer ausgeladener LKW besitzt mehr kinetische Energie, als ein weniger schweres Fahrzeug. Aus dem Grund sind seine Rollphasen länger und er beschleunigt schneller, wenn es bergab geht.
Wenn also ein schwer ausgeladenes vor einem weniger schwer ausgeladenem Fahrzeug fährt, dann rollt dieses auf den Vordermann auf und muss abbremsen, was den Effekt der Fahrerassistenzsysteme und damit die Kraftstoffverbrauchseinsparung zunichtemacht.
Ich habe das im Artikel über die EcoRoll Einflussfaktoren genau erklärt.
Es ist also anders, als man vermuten würde. Der schwere LKW überholt den leichten und nicht umgekehrt.
Das Problem mit den Bergen.
Nun müssen wir uns noch anschauen, was passiert, wenn es bergig wird.
Mit der üblichen Motorisierung von 450 bis 480 PS kann ein leerer LKW die auf deutschen Autobahnen vorkommenden Steigungen von max. 6 bis 7 % gerade so mit 90 km/h bewältigen.
Beim vollbeladenen Vierzigtonner liegt diese Grenze schon bei ca. 2,5 % Steigung.
Für teilbeladene Fahrzeuge ist es auf Steigungen von mehr als 2,5 % lukrativ zu überholen. Und Steigungen von 2 bis 4 % kommen wirklich sehr häufig vor.
Allerdings hat die Behörde das auch schon bemerkt und deshalb ist an diesen Stellen üblicherweise immer LKW Überholverbot.
Die Konsequenz ist logischerweise, dass die Überholvorgänge in die Ebene verlegt werden, damit man auf der Steigung dann schon vorne ist!
Damit sind wir dann wieder bei den Szenarien, die wir uns oben schon angesehen haben.
Dummerweise führt das aber auch dazu, dass die teilbeladen oder leer zeitoptimiert fahrenden LKW die vollbeladen zeitoptimiert fahrenden in der Ebene überholen wollen, damit sie an der nächsten Steigung nicht aufgehalten werden.
Das geht ja aber nicht, weil in der Ebene beide die 90 km/h fahren können.
Beispielrechnung – Geschwindigkeitsunterschied in der Steigung
Die beiden berühmtesten Steigungen auf den deutschen Autobahnen sind die Kasseler Berge (A7 zwischen Kirchheimer Dreieck und Göttingen) und der Albaufstieg (A8 zwischen Stuttgart und Ulm). Beide haben Steigungen von durchschnittlich 6 bis 7 % auf eine Länge von ungefähr 4 km. Glücklicherweise sind solche starken Steigungen selten.
4 bis 5 % Steigung kommen dagegen sehr häufig vor. 3 % Prozent findest du praktisch hinter jeder Ecke.
Ich habe dir hier mal die maximalen Geschwindigkeiten ausgerechnet, die ein LKW mit 350 kW, als ca. 480 PS schaffen sollte.
Diese Geschwindigkeit hängt allerdings sehr stark von allen Fahrwiderständen ab, nicht nur von der Steigung, Du kannst mit meinem Fahrwiderstandsrechner selbst ein bisschen damit herumprobieren.
Modifizieren die Eingangsdaten, drücke „Berechnen“ und du siehst im Ergebnis die erforderliche Motorleistung. Reduziere dann die Geschwindigkeit so lange, bis die erforderliche Motorleistung mit der vorhandenen übereinstimmt. Die Beladung gibst du durch eine Veränderung der Achslasten ein.
Gesamtgewicht/ Steigung | leer (ca. 15t GGW) | halbbeladen (ca. 25t GGW) | vollbeladen (40t GGW) |
3% | 90 km/h | 90 km/h | 82 km/h |
4% | 90 km/h | 90 km/h | 68 km/h |
5% | 90 km/h | 83 km/h | 57 km/h |
6% | 90 km/h | 73 km/h | 49 km/h |
7% | 90 km/h | 65 km/h | 42 km/h |
*Diese Werte sind nur sehr grobe Orientierungswerte. Reale Fahrzeuge können im realen Umfeld deutlich andere Werte aufweisen.
Wieviel Zeit verliert der PKW?
Jetzt schauen wir uns doch mal an, was der PKW verliert, wenn er vom überholenden LKW ausgebremst wird.
In dieser Berechnung sind Annahmen bei den Ausgangswerten erforderlich, deshalb kann ich dazu keinen konkreten, richtigen Wert ausrechnen.
Ich werde hier den Rechenweg an Beispielen darstellen. Das gibt einen Ankerpunkt für dein eigenes Urteil. Du kannst auch einfach selber noch einige Varianten durchrechnen.
Es liegt nun bei Dir, ob eine oder anderthalb Minuten schlimm sind oder nicht. Ärgerlich sind sie auf jeden Fall, ich denke, da gibt es keinen Zweifel.
Ist der Geschwindigkeitsunterschied zwischen LKW und PKW geringer, dann ist die Verlustzeit kleiner.
Beispielrechnung – Zeitverlust PKW
Ich habe mir als Beispielszenario folgenden Fall ausgesucht:
Der zu überholende LKW fährt 85 km/h. Der PKW kommt mit 160 km/h, muss dann mit 90 km/h hinter dem LKW herfahren und nach dem Überholvorgang gibt es ein 120er-Tempolimit.
Wir haben also die 95s Überholzeit. Der überholende LKW fährt rund 2,5 km auf der linken Spur. (informativ, braucht man nicht für die Berechnung)
Der PKW muss in den 95 s seine Geschwindigkeit um 70 km/h (19,4 m/s) reduzieren. (160 minus 90).
Dadurch verliert er 1,8 km Strecke, die er dann mit 120 km/h fahren muss. (95 s mal 19,4 m/s)
1,8 km mit 120 km/h (33,3 m/s) dauern 55 s. (1.800 m durch 33,3 m/s)
Er büßt also 55 s ein, also ungefähr eine Minute. (Darf er nach dem Überholen wieder 160 fahren, dann wären es 41 s.)
Lass uns noch den Fall ansehen, wenn beide LKW Vollgas fahren und die Geschwindigkeitstoleranz 3 km /h beträgt:
Die Überholzeit sind ja hier 160 s. Der überholende LKW fährt 4 km auf der linken Spur.
Der PKW verliert in den 160 s rund 3 km Strecke.
3 km mit 120 km/h dauern 93 s, also rund anderthalb Minuten.
Hier verliert der PKW 93 s.
Die Lösung ist einfach und billig.
Aber gibt es denn nicht eine Lösung, die allen Interessen gerecht wird, den Auto- und den LKW-Fahrern?
Ich denke, wir können uns die Lösung im Motorsport abschauen.
Da gibt es das gleiche Problem. Der Schnellere kann nicht überholen und deshalb den Vorteil seiner höheren Geschwindigkeit nicht ausspielen.
Deshalb gibt man für die Zeit eines Überholvorganges dem Schnelleren temporär mehr Geschwindigkeit.
In der Formel 1 durch die Möglichkeit den Luftwiderstand zu verringern und in der Formel E durch zeitlich begrenzte Freigabe von mehr Antriebsleistung.
Eine leichte Gesetzesanpassung würde das Problem lösen.
Eine Änderung der maximalen Geschwindigkeit, die der Geschwindigkeitsregler abregeln muss, würde das Problem lösen.
Die Umsetzungskosten wären gering, es ist eine Softwareänderung im Geschwindigkeitsregler.
Damit wäre das im Bußgeldkatalog aufgeführte Kriterium von 10 km/h Geschwindigkeitsunterschied und 45 s Überholdauer darstellbar. Und das sogar überall in Europa.
Wie viele Boost-Phasen klug sind, kann man über einen Feldversuch einfach herausfinden.
Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass ein überholter LKW-Fahrer seinen Boost nutzt, um gegenzuhalten. Das wäre schon sehr böswillig und bringt praktisch auch nichts.
Allerdings wird es schon dazu führen, dass die vielen defensiven LKW-Fahrer, die heute frustriert hinterherfahren, dann auch überholen können. Sie haben ja nun eine Chance das rechtskonform zu tun.
Es würden also mehr LKW-Überholvorgänge stattfinden, was eventuell die Autofahrer dann auch wieder nerven würde.
Übrigens, mir fällt gerade eine Sache auf!
Das will ich an dieser Stelle auch mal gesagt haben! Auch deren Frust sollten wir Ernst nehmen.
Fazit
So, nun liegt der Ball bei Dir! Schreib mir doch bitte im Kommentar, was Du zu dem Thema hier im Artikel gelernt hast.